For­schungs­pro­jekt „De­ci­de4E­CO“ auf der Han­no­ver Mes­se

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Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung datenbasiert vorantreiben

Unter dem Motto „Data-driven Industry – Shaping a New Era“ präsentierten Industrie und Wissenschaft auf der Hannover Messe zukunftsweisende Lösungen für eine digitale und nachhaltige industrielle Wertschöpfung. Am Gemeinschaftsstand der Plattform Industrie 4.0 stellten führende Projekte Ihre Lösungen für sogenannte Datenökosysteme vor – Systeme, in denen Unternehmen Daten teilen und mit diesen Daten innovative Produkte anbieten können. Zu den vorgestellten Highlights gehörte das Forschungsprojekt „Decide4ECO“, welches die Universität Paderborn mit Partnern aus der Industrie umsetzt. Es wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.

Im Projekt „Decide4ECO“ – vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) mit 7,3 Millionen Euro gefördert – dreht sich alles um die akute Notwendigkeit, Nachhaltigkeitsziele schon in der frühen Produktentwicklung zu berücksichtigen. Bereits ein erheblicher Anteil der Umweltauswirkungen wird in dieser Phase festgelegt. Das Projekt unterstützt Unternehmen dabei, Entscheidungen vorausschauend und nachhaltigkeitsgerecht zu treffen. Wird beispielsweise, eine Kofferraumabdeckung im Auto mit einem Motor ausgestaltet, ist im Gegensatz zu einer handbetriebenen Abdeckung ein Energieverbrauch später nicht mehr zu vermeiden. Ein besonderer Fokus liegt auf den dafür notwendigen Daten. Für umfassende Nachhaltigkeitsanalysen müssen Daten aus der gesamten Lieferkette zusammengeführt werden. Wer liefert den Motor, und an welchem Standort wird er eingebaut? Wieviel Energie benötigt er? Kann er notfalls repariert werden? Hierzu setzt Decide4ECO auf dem gemeinsamen Datenökosystem Manufacturing-X auf, in dem über offene Schnittstellen und Standards Informationen in Form von digitalen Produktpässen bereitgestellt und durch prädiktive und KI-basierte Analyse ergänzt werden. 

Auf der Hannover Messe (31.03.-04.04.) demonstrierten die Verbundpartner des Forschungsprojekts Decide4ECO erstmalig ihre digitalen Lösungen. Im Fokus steht die Weiterentwicklung von sogenannten Product Lifecycle Management-Systemen – kurz „PLM“ – durch die Einbindung von Daten aus Datenökosystemen. Der Prozess beginnt bereits in der frühen Entwicklungsphase. Entwicklerinnen und Entwickler nutzen hier eine digital gestützte Materialbewertung, um die ökologische Bilanz eines Produkts in der Entstehungsphase besser nachzuvollziehen und gezielt zu optimieren. Umweltauswirkungen können bereits bei der Auswahl einzelner Materialien in der Konzeptphase abgeschätzt werden. CO2-Fußabdruck, Einfachheit einer Demontage, Anteil rezyklierter Materialien – solche Nachhaltigkeitskriterien können dann bereits im Beschaffungsprozess berücksichtigt werden. So wird die Auswahl von Zulieferern erleichtert, die sowohl den wirtschaftlichen als auch den ökologischen Anforderungen entsprechen. Diese erweiterten Funktionalitäten basieren auf Daten aus der gesamten Wertschöpfungskette. Mithilfe standardisierter Schnittstellen werden Rückverfolgbarkeit und Interaktion von Nachhaltigkeitsdaten entlang des gesamten Produktlebenszyklus ermöglicht. Technologien wie der digitale Produktpass wurden in die PLM-Werkzeuge integriert, wodurch der Austausch essenzieller Informationen nahtlos erfolgt. Die technologische Weiterentwicklung der PLM-Systeme wird von den IT-Partnern CONTACT, PROSTEP und NEXPIRIT in Zusammenarbeit mit unserer Produktentstehung Fachgruppe von Professorin Iris Gräßler am Heinz Nixdorf Institut der Universität Paderborn vorangetrieben. Gemeinsam wurden Erweiterungen für PLM-Systeme wie CONTACT Elements und Siemens Teamcenter konzipiert. Die entwickelten Lösungen werden in anwendungsnahen Fallbeispielen bei den Industriepartnern BOS, Hadi-Plast und Sennheiser erprobt.

Das Paderborner Team trägt dazu bei, die nachhaltige Transformation voranzutreiben – und dabei die praktischen Herausforderungen in Unternehmen zu berücksichtigen. Dabei liegt der Fokus auf der Entwicklung innovativer Ansätze, um resiliente und nachhaltige Wertschöpfungs­netzwerke zu schaffen. Auf Basis eines Systemmodells werden Daten aus PLM-Systemen über neuartige PLM-Konnektoren in Datenräumen geteilt. „Je nach Anforderungen können damit Kennzahlen wie der CO2-Fußabdruck, die Rezyklatquote oder die Wassernutzung flexibel berechnet und bereitgestellt werden.“, beschreibt Prof. Dr.-Ing. Iris Gräßler die Flexibilität, die Unternehmen durch den neuen Ansatz gewinnen. 

Die Präsentation der Demonstratoren durch unter anderem Herr Dr.-Ing. Jens Pottebaum, Herr Rarbach und Frau De Groote auf der Hannover Messe illustrierte eindrücklich, wie die im Projekt Decide4ECO entwickelten Lösungen dazu beitragen, Unternehmen nicht nur nachhaltiger, sondern auch wettbewerbsfähiger zu machen. Von der Beschaffung über die Materialauswahl bis zur Rückverfolgbarkeit im Produktlebenszyklus bieten die entwickelten Technologien konkrete Ansätze, um ökologische Verantwortung mit wirtschaftlicher Effizienz zu kombinieren. Die im Projekt entwickelten Lösungen und Methoden werden nun in der industriellen Praxis erprobt. Anwendungspartner nutzen die innovativen Ansätze, um ihre Produkte nachhaltiger zu gestalten und langfristig an Datenökosystemen wie Manufacturing-X teilzunehmen. Zusätzlich fließen die Forschungsergebnisse in die Lehre des HNI – ein Beispiel, wie letztlich auch Studierende von praxisorientierter Forschung im Maschinenbau profitieren.

www.decide4eco.de