Entwicklung und Simulation kooperativ agierender Fahrerassistenzsysteme
Fortgeschrittene Fahrerassistenzsysteme (ADAS, Abkürzung von Advanced Driver Assistance Systems) halten Einzug in die automobile Serienproduktion und sind sowohl aus Gründen der Sicherheit als auch des Komforts in modernen Fahrzeugen unentbehrlich. Gleichzeitig werden sowohl der Vernetzungs- als auch der Automatisierungsgrad in den nächsten Jahren kontinuierlich ansteigen. Hier besteht erhebliches Forschungspotential; primär bei der Entwicklung von ADAS, die die Technologien des autonomen Fahrens und der kooperativen Interaktion nutzen. Dafür wiederum müssen die entsprechenden Entwicklungswerkzeuge bereitgestellt werden.
Die modell- und simulationsbasierte Entwicklung fortgeschrittener Fahrerassistenzsysteme wird idealerweise durch eine vollständige Entwicklungsumgebung für das Virtual Prototyping unterstützt. Eine solche Umgebung ist im Zuge des Projektes TRAFFIS (Test- und Trainingsumgebung für fortgeschrittene Fahrerassistenzsysteme) entstanden.
Zur Validierung, Erprobung und Demonstration unserer Resultate betreiben wir Fahrsimulatoren
Fahrsimulatoren und Versuchsfahrzeug
Zu Demonstrations- und Testzwecken verfügen wir über verschiedene Fahrsimulatoren sowie ein Versuchsfahrzeug. Die 4 Fahrsimulatoren decken eine Bandbreite von einfach und transportabel bis hin zu einem High-End-Simulator mit aufwändigem Bewegungs- und Projektionssystem ab. Insbesondere letzterer bietet den Insassen ein realitätsnahes Fahrerlebnis und eignet sich deshalb neben der Validierung und Evaluierung neuer Motion-Cueing-Verfahren auch zum Fahrertraining mit Fokus auf neuartige Assistenzsysteme oder im Umgang mit komplexen und kritischen Verkehrssituationen.
Der ATMOS-Fahrsimulator besteht aus einer realen Fahrzeugkabine mit all ihren Bedienelementen, einer Projektionskanzel und einem Bewegungssystem mit 5 Freiheitsgraden. Im Inneren der Kanzel wird die Szenerie auf einer 270° umspannenden Rundprojektion nahtlos dargestellt, die das Blickfeld des Fahrers vollständig abdeckt. Zusätzlich wird das realitätsnahe visuelle Empfinden durch die Darstellung der korrespondierenden Bilder in den Innen- und den Außenspiegeln gefördert, die durch Video-Tracking der Kopfposition laufend der Blickrichtung des Fahrers angepasst werden. Der Fahrer verfügt im Chassis über die realen Bedienelemente wie Lenkrad und Pedalerie. Neben der visuellen Information erhält er durch die Force-Feedback-Aktorik über die Bedienelemente haptische Rückmeldung und kann die Geschwindigkeit von den Instrumenten ablesen, um die Fahrsituation einzuschätzen. Die mechanische und informationstechnische Kopplung des Chassis erfolgt durch eine standardisierte Schnittstelle, so dass verschiedene Chassis vom Kleinstwagen bis hin zur LKW-Fahrerkabine auf dem ATMOS moniert werden können.
Das Fahrzeugchassis ist auf einer Plattform im inneren der Kanzel, dem sog. Shaker, montiert. Dieser stellt eine von zwei unabhängigen Komponenten des Bewegungssystems dar. Durch 3 Kurbeltriebe kann der Shaker und damit das Chassis um die Längs- und Querachse geneigt sowie translatorisch entlang der Hochachse bewegt werden. Diese Bewegungen erfolgen relativ zur Projektionsfläche. Zusätzlich kann die Kanzel mit der Projektionsfläche noch im Ganzen um die Längs- und Querachse geneigt werden. Dazu dient die zweite Komponente des Bewegungssystems, bei der vier Linearantriebe die beiden Teile einer Kreuzfahrwerk-Konstruktion in beliebiger Kombination zueinander verschieben können. Wie die insgesamt fünf Freiheitsgrade des Bewegungssystems während der Simulation eingesetzt werden, wird durch das Motion Cueing geregelt.
Je nach Anwendung bzw. wissenschaftlicher Fragestellung die es zu bearbeiten gilt, bieten manchmal kleinere Simulatoren Vorteile gegenüber großen, aufwändigen Systemen. Beispielsweise ist speziell beim Transfer der Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung wichtig, dass Simulatoren flexibel einsetzbar, transportabel und kostengünstig sind. Daher unterhalten wir auch am RtM weitere Simulatoren, die diese Anforderungen erfüllen. Hierbei wird ein Bewegungssystem mit geringem Bauraum eingesetzt. Des weiteren gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, große Projektionsleinwände zu ersetzen. Neben einfachen Monitoren verwenden wir auch eine „Oculus Rift“ Virtual-Reality-Brille, die ein realistisches visuelles Empfinden ermöglicht.
Die Validierung unserer Modelle am realen System kann mit einem eigenen Versuchsfahrzeug durchgeführt werden, das mit umfangreicher Messtechnik ausgestattet ist.