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Beobachter
Beobachter für intelligente dynamische Systeme
Ein Beobachter schätzt die Systemzustände eines dynamischen Systems auf Grundlage von Sensordaten und eines Systemmodells. Vor allem für die Umsetzung intelligenter Regelungen ist dies von hoher Bedeutung, denn so lassen sich alle benötigten Systemzustände, zum Beispiel für eine selbstoptimierende Regelung, bestimmen. Die Qualität des Beobachters ist dabei abhängig davon, wie gut die berechnete Schätzung mit dem realen Verlauf der Zustände übereinstimmt. Denn nur bei Konvergenz des Beobachters sind die Schätzungen zuverlässig. In der Fachgruppe Regelungstechnik und Mechatronik werden Beobachter für Prüfstände und Demonstratoren benutzt, um anspruchsvolle Regelungen umsetzen zu können.
Extended Kalman Filter am Doppelpendel
Betrachtet man das mathematische Modell eines idealen Doppelpendels, zeigt dieses System chaotisches dynamisches Verhalten. Diese Eigenschaft hat auch Einfluss auf das reale System. Schon durch kleinste Störungen oder Abweichungen von der Solltrajektorie funktioniert der Aufschwung in die obere Ruhelage am Prüfstand nicht mehr. Um die Genauigkeit der Durchführung von Experimenten am Doppelpendel zu erhöhen, werden Beobachter für die Schätzung des gesamten Zustandsvektors entwickelt.
Ein Extended Kalman Filter (EKF) ist ein Beobachter für nichtlineare Systeme und schätzt den Systemzustand unter Einbeziehung von statistischen Störungen (Prozessrauschen und Messrauschen). Am Doppelpendel führte der Einsatz des EKF zu deutlich besseren Ergebnissen bei experimentellen Versuchen am Prüfstand. Die Abweichung von der Solltrajektorie beim Aufschwung konnte verringert werden und die Frequenz des in der oberen Ruhelage vorliegenden Grenzzyklus konnte durch die exakte Geschwindigkeitsschätzung stark reduziert werden. Dies bedeutet insgesamt ein verbessertes Systemverhalten und erleichtert die Umsetzung von optimalen Trajektorien am Doppelpendel.
Sliding-Mode Beobachter am Achsprüfstand
Für Tests an Fahrzeugachsen wurde in der Fachgruppe Regelungstechnik und Mechatronik ein Achsprüfstand aufgebaut. Dazu wird unter anderem ein geregelter Hexapod als Anregungseinheit zur Nachbildung von Straßenanregungen verwendet. Eine direkte Messung der für die Regelung notwendigen Systemzustände solcher Parallelkinematiken ist nur schwer realisierbar. Daher sollen auch in diesem Fall für die Schätzung der Zustandsgrößen Beobachter eingesetzt werden.
Für die Beobachtung wird ein Sliding-Mode Ansatz verwendet. Während bei üblichen Beobachteransätzen, wie dem Luenberger-Beobachter oder dem Extended Kalman Filter, der Ausgangsfehler über eine kontinuierliche Beobachtbarkeitsmatrix zurückgeführt wird, nutzen Sliding-Mode Beobachter diskontinuierliche bzw. schaltende Signale um den Schätzfehler zu minimieren. Dabei haben Sliding-Mode Beobachter die positive Eigenschaft, dass sogenannte Gleitzustände auftreten können, so dass das System gezwungen ist auf einem Teilbereich des Zustandsraums, im sogenannten Sliding Mode, zu „gleiten“. Dieser Ansatz ist sehr robust gegenüber Modell- und Parameterunsicherheiten und hat den weiteren Vorteil, dass der Schätzfehler in endlicher Zeit zu Null konvergiert.
Mit Hilfe dieses Beobachters konnte am Achsprüfstand eine zuverlässige Regelung und außerdem eine Störgrößenkompensation implementiert werden. [FOT14]
Ausgewählte Veröffentlichungen:
[FOT14] Sarah Flottmeier, Simon Olma, Ansgar Trächtler; Sliding Mode and Continuous Estimation Techniques for the Realization of Advanced Control Strategies for Parallel Kinematics; IFAC World Congress 2014