MMeAS
DFG-Projekt MMeAS: Modellbasierte Methoden zur echtzeitnahen Adaption und Steuerung von Distributionssystemen
In der Distributionslogistik stellt die zunehmende Dynamisierung der Märkte eine erhebliche Herausforderung dar, der nur durch eine steigende Dynamik der Abwicklungsprozesse und Strukturen begegnet werden kann.
Im Rahmen des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts „Modellbasierte Methoden zur echtzeitnahen Adaption und Steuerung von Distributionssystemen“ forscht die Fachgruppe Wirtschaftsinformatik, insb. CIM in Kooperation mit der TU Dortmund auf zwei Ebenen an neuartigen Methoden im Bereich der dynamischen Distributionslogistik.
Auf der Ebene der Netzwerkadaptivität werden belastungsorientierte Modellierungs- und Bewertungsrahmen sowie simulationsbasierte Methoden zur Entscheidungsunterstützung entwickelt. Auf der intralogistischen Ebene, also beispielsweise für ein einzelnes Distributionslager, ist eine ereignisorientierte und adaptive Steuerung des Materialflusses mittels fahrerloser Transportfahrzeuge im Fokus. Solche Fahrzeuge werden hier eingesetzt, um gegebene Transportprobleme (Ein- und Auslagerung bzw. Bereitstellung von Material) unter zeitlichen Restriktionen möglichst gut zu lösen.
Aufgrund von Bedarfsschwankungen im Distributionsnetzwerk und Unsicherheiten im realen Ablauf kann eine einmal im Voraus berechnete, statische Einsatzplanung der Fahrzeuge nur selten wie erwartet ausgeführt werden. Aus diesem Grund wurde ein simulationsbasiertes Verfahren entwickelt, dass anhand der aktuellen Systemmerkmale Steuerungsregeln aufschlüsselt und so auf die momentan vorliegende Situation reagieren kann.
Wissensbasierte Materialflusssteuerung
Zunächst wurde das Verfahren auf das Problem der Wegfindung von fahrerlosen Transportfahrzeugen innerhalb eines Distributionszentrums angewendet. Dabei wird insbesondere beachtet, welche Transportaufträge momentan bearbeitet werden, und es kann auf Störungen angemessen reagiert werden. Es konnten hier wesentliche Fortschritte im Vergleich zu traditionellen Wegfindungsalgorithmen erzielt werden. Um größtmögliche Flexibilität zu bewahren, plant das Verfahren nur inkrementelle Teilpfade mittels bereits entwickelten Methoden aus der Informatik. Es wird in jedem Schritt eine Steuerungsregel zur weiteren Pfadberechnung ausgewählt. Diese Steuerungsregeln stellen notwendige Priorisierungen zwischen zwei Fahrzeugen dar, die sich ansonsten beeinträchtigen würden.
Die kritische Auswahl der in der aktuellen Situation optimaler Steuerungsregel geschieht mithilfe eines wissensbasierten Verfahrens. Dazu wird vor dem operativen Einsatz eine Wissensbasis aufgebaut, die induktiv aus in der Simulation angetroffenen und gelösten Situationen, den sogenannten Trainingsbeispielen, lernen kann. Bei der offline berechneten Lösung können in der Simulation kurze Zeit später auftretende Ereignisse sowie sämtliche andere Informationen des Systemzustandes berücksichtigt werden.
Die Trainingsbeispiele werden so breitgefächert generiert, dass in der Praxis auftretende Situationen dem System bereits bekannt sind und so die optimale Steuerungsregel ausgewählt werden kann. Der Vorteil an dem Verfahren liegt darin, dass die Auswahl durch Zurückgreifen auf die Wissensbasis schnell erfolgen kann, und dennoch komplexe Berechnungen und große zeitliche Horizonte in die Entscheidung einfließen.
Implementierung und Ergebnisse
Der Materialflusssimulator d3FACT insight, der an der Fachgruppe Wirtschaftsinformatik, insb. CIM und an der Fachgruppe Algorithmen und Komplexität entwickelt wird, wurde um eine Komponente zur Implementierung des Verfahren erweitert. Zur Repräsentation des Wissens wurden Methoden der künstlichen Intelligenz verwendet, nämlich Neuronale Netze und Entscheidungsbäume. Mittels einer 2D-Visualisierung lassen sich die Transportfahrzeuge symbolisch darstellen und ihre Pfadberechnungen anzeigen.
Erste Ergebnisse zeigen, dass das Verfahren eine steigende Anzahl an Trainingsbeispiele nutzen kann – die korrekte Klassifikationsrate steigt – und innerhalb von Millisekunden situationsabhängig die gelernte Steuerungsregel auswählt.